Geboren wird nicht nur das Kind durch die Mutter, sondern auch die Mutter durch das Kind.
Gertrud von Le Fort
Sie haben es geschafft, Ihr Baby ist da! Ist Ihr Kind angezogen, dann ziehen Sie es am besten gleich wieder aus, außer der Windel. Legen Sie sich Ihr Baby auf die nackte Brust und decken Sie sich beide gut zu. Sie können Ihren Schatz nun mit allen Sinnen wahrnehmen, ihn sehen, spüren, hören und riechen und dasselbe ist auch Ihrem Kind möglich. So entsteht die erste Bindung zwischen Ihnen. Diese Phase des gegenseitigen Kennenlernens und der Bindung wird auch als „Bonding“ (Ihre Bindung zu Ihrem Kind) und "Attatchment" (die Bindung Ihres Kindes zu Ihnen) bezeichnet. Geniessen Sie diese Augenblicke stärkster Gefühle. Manchmal braucht ein Neugeborenes als erstes medizinische Sofortmaßnahmen. Ein Re-Bonding ist auch später möglich. Ermuntern Sie auch den Vater das Kind zu berühren und mit dem Kleinen zu sprechen, denn auch hier findet ein intensiver Bondingprozess statt, welcher für die Vater- Kind -Bindung wichtig ist.
Ihr Baby kann bis zu zwei drei Stunden auf Ihrem Bauch liegen bleiben. Die Erstuntersuchung des Kindes kann die Hebamme auf Ihrem Bauch durchführen, so dass die Kontaktaufnahme mit Ihrem Baby nicht gestört wird.
Sollten Sie einen Kaiserschnitt benötigen, gibt die Hebamme Ihnen das Kind, so bald als möglich, ebenfalls auf die nackte Brust. Die Kontaktaufnahme ist auch in dieser Situation möglich. Der Vater kann das Kind im Arm halten und streicheln, bis es für Sie möglich ist und ebenfalls Haut-zu-Haut-Kontakt mit dem Baby haben.
Das Neugeborene ist in der Lage die Brust der Mutter von alleine zu finden. Lassen Sie Ihrem Baby Zeit, Sie werden schnell bemerken wann es saugen möchte.
Oft braucht es zuerst einige Zeit um sich an die neuen Lebensumstände zu gewöhnen.
Ihr Kind wird langsam beginnen den Mund zu öffnen, die Zunge heraus zu strecken, den Kopf in Richtung Brustwarze zu bewegen oder aber sogar sich in Richtung Brustwarze zu bewegen. Unterstützen Sie Ihr Baby, indem Sie es sanft zur Brustwarze hinführen und es dort erstmals den Geruch der Mutter wahrnehmen kann. Stillen ist eine Kunst. Nicht jedes Neugeborene nimmt auf Anhieb die Brustwarze in den Mund und saugt kräftig daran. Verzweifeln Sie nicht, wenn es nicht sofort klappt oder Ihr Kind nicht richtig saugt. Auch für Ihr Kind war die Geburt eine Reise ins Ungewisse (besonders nach einem Kaiserschnitt oder einer traumatischen und/oder langen Geburt!), von der es sich erholen muss. Geben Sie ihm Zeit bei den Anlegeversuchen, um das richtige Saugen an der Brust erlernen. Etwa zwei bis drei Stunden nach der Geburt ist die erste Wachphase vorbei und die Kinder fallen in einen tiefen Schlaf. Geben Sie Ihrem Kind Zeit sich auszuruhen. Achten Sie auf die Hungerzeichen Ihres Babys. Sollte es nötig sein Ihr Kind zu wecken, um einem zu hohen Gewichtsabfall gegenzusteuern, wird Sie Ihre Hebamme oder Stillfachperson darüber informieren.
Infos in Englisch: http://www.chop.edu/service/breastfeeding-and-lactation/breastfeeding-basics/first-few-weeks-of-breastfeeding.html
Babys Bedürfnisse
Um genau zu verstehen, was es mit dem Nichtstillen auf sich hat, müssen wir uns auch der Bedürfnisse des Babys nach der Geburt bewusst werden, denn alle Neugeborene kommen hilflos und verletzlich auf die Welt. Babys können zwar noch nicht richtig denken, aber sie können von Geburt an und wahrscheinlich schon früher, absolut richtig fühlen. Der Verhaltensbiologe Joachim Bensel * hat in «Steinzeitbabys im Atomzeitalter» die fehlende Angepasstheit heutiger Säuglinge an die moderne Zeit thematisiert.* http://www.verhaltensbiologie.com/team/
Er sagt, dass neunundneuzig Prozent der Menschheitsgeschichte menschliche Säuglinge in Umgebungsbedingungen verbrachten, die sich radikal von den heutigen unterscheiden. Bensel vergleicht die Situation von Mutter und Kind in industriellen mit traditionellen Gesellschaften, die einen Blick in die stammesgeschichtliche Vergangenheit des Menschen erlauben.
Er stellt fest, dass Säuglingen dort viel mehr körperliche Zuwendung geschenkt wird. Die angeborenen Bedürfnisse nach Nähe, Sicherheit und Geborgenheit haben sich im Gegensatz zu den kulturellen nicht verändert. Das Kind möchte auch nach der Geburt die Mutter spüren, riechen, hören, sehen, schmecken und bewegt werden. Diese Bedürfnisse können als natürlich und bewiesen angesehen werden. Es gibt kein Neugeborenes, welches diese elementaren Bedürfnisse nicht hat! Wenn sie sich äußern könnten, würden sich alle Neugeborenen nach der Geburt einfach schnell alles Vertraute wieder zurückwünschen.
Während der Schwangerschaft wurde das Baby über die Nabelschnur und das Fruchtwasser rund um die Uhr mit Nahrung versorgt. Es kannte keinen Hunger und keinen Durst, wurde getragen und geschaukelt. Deshalb schlafen die meisten Baby im Mutterbauch tagsüber und werden munter, wenn Mama sich hinlegt. Das Schaukeln ist nicht mehr da! Der Bauch der Mutter war ein nahezu perfekter Ort, fast das Paradies. Nach der Geburt ist alles anders. Das Baby muss sehr viel Neues verarbeiten: neue Gerüche, Geräusche, Licht, Farben, Beschaffenheiten, ein Durcheinander neuer Eindrücke und starker Gefühle: Hunger, Durst, Kälte, Einsamkeit, sowie das Fehlen des beruhigenden, ständigen, Rauschens der mütterlichen Blutgefäße, des rhythmischen Herzschlags und der ständigen, leichten Bewegungen der Mutter. Wird der „Mutterleibservice“ nach der Geburt verlängert, desto weniger wahrscheinlich sind Probleme und auch der "Schreireflex" wird nahezu ausgeschaltet.
Lesen Sie auch: www.mein-schreibaby.de,
www.kinderandiemacht.de/kinder/allgemeines/75-fremdk%C3%B6rper-schnuller.html
http://www.stillen.at/aktuelles/news/ausgabe_2010/gibtZuvielNahe.html
Der Hunger des Neugeborenen
Um zu wissen, wie ein Baby nach der Geburt „tickt“, braucht man einige wichtige Informationen. Fakt ist, dass ein Neugeborenes nach der Geburt sofort mit uns kommunizieren kann. Angst und Unmut drückt es durch Weinen aus, denn andere Kommunikationsmöglichkeiten hat es noch nicht! Meistens möchte es in den Arm genommen und gewiegt werden, menschliche Nähe und Bewegung spüren und gefüttert werden. Ob gestillt wird oder nicht, auf erste Hungerzeichen sollte sofort eingegangen werden: Lecken mit der Zunge, leise Grunzlaute und Kopfdrehen (Suchreflex, auch Routingreflex genannt).
Nach der Geburt müssen sich die Verdauungsorgane des Babys um- und einstellen und anfangen andere Nahrung zu verdauen. Diese Umstellung wird, durch zu Beginn nur kleine Mengen leicht verdaulicher und den kindlichen Bedürfnissen angepasste Nahrung, vereinfacht.
Während der Magen beim Erwachsenen im Ruhezustand ungefähr so groß ist wie eine Faust, ist der Magen eines Neugeborenen circa so groß wie eine Murmel und kann zwischen fünf bis sieben Milliliter aufnehmen. Das entspricht der Menge an Neugeborenenmilch (Kolostrum), die das Baby in den ersten Tagen jedes Mal, wenn es an der Brust trinkt, erhält. Babymagen und Milchmenge sind also bestens aufeinander eingestellt. Mit der zunehmenden Milchmenge wächst die Dehnbarkeit des Magens. Mit steigendem Milchbedarf und – angebot kann der Babymagen schon nach circa drei Tagen 22-27 Milliliter Milch aufnehmen und sich zu der Größe eines Tischtennisballs dehnen. Etwa um den 10. Tag kann er bereits zwischen 45-60 Milliliter aufnehmen und sich auf die Größe eines mittelgroßen Hühnereis ausweiten.
(Quelle: Masaracchia, Regina: "Wie, du stillst nicht?", Kösel Verlag 2012)
Was in der Schwangerschaft Uterus und Nabelschnur automatisch übernommen haben, müssen die Eltern jetzt ihrem Kind bewusst geben: seine Bedürfnisse prompt erfüllen, indem sie auf seine Zeichen richtig reagieren. Hierbei helfen der Mutter die Hormone, insbesondere das Hormon Oxytocin, welches auch „Liebeshormon“ genannt und unter anderem beim Stillen ausgeschüttet wird. Es erleichtert der Mutter intuitiv zu verstehen, was ihr Kind braucht. Ein Neugeborenes braucht außerdem viel körperliche Nähe, sowohl am Tage, als auch in der Nacht und sofortige Nahrung, wenn es danach verlangt. Das alles ist für Eltern nicht immer einfach, aber es gibt Methoden, die helfen,.Wie z.B. füttern nach Bedarf, gemeinsames Schlafen, Tragen mit dem Tragetuch oder –sack, damit der Übergang von der „Innenwelt“ zur „Außenwelt“ sanft und problemlos stattfinden kann.
Nach der Geburt ist es für Mutter und Kind wichtig sich durch Hautkontakt wieder zu vereinigen. Die Natur hat dafür die Brust vorgesehen, wo viele Bedürfnisse des Kindes gestillt werden und normalerweise über die folgenden Stunden, Tage, Wochen, Monate und normalerweise auch Jahre die Quelle seines Wohlbefindens darstellt. Das Stillen kann also als Fortsetzung der Mutter-Kind-Einheit gesehen werden, die schon im Mutterleib eingegangen wurde. Gesunde, auf die Bedürfnisse des Kindes abgestillte natürliche Nahrung fließt von einem Körper direkt in den anderen. Stillen befriedigt viele Bedürfnisse, gibt dem Kind nicht nur Nahrung und wichtige Abwehrstoffe, sondern tröstet, beruhigt, ist Einschlafhilfe, gibt Sicherheit beim Erkunden der Welt und unterstützt den Genesungsprozess bei Krankheit. Die Stillhormone helfen der Mutter in dieser anstrengenden Zeit entspannt zu sein.
(Quelle: Masaracchia, Regina: "Wie, du stillst nicht?", Kösel Verlag 2012)
Die Krankenschwestern und ÄrztInnen möchten sowohl die Häufigkeit der Ausscheidungen des Kindes wissen, als auch die Stillhäufigkeit festhalten. Ein Stillprotokoll kann Ihnen helfen. Das können Sie auch die erste Zeit z.H. fortführen, wenn Sie möchten.
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Der natürlichste Schlafort eines Babys ist nahe bei der Mutter und so ist es völig normal und positiv, wenn Babys, besonders Stillbabys, auch im selben Bett und an der Brust der Mutter (ein)schlafen. Wichtig dabei ist, daß bestimmte Sicherheitsregeln eingehalten werden!. Stillen und gemeinsames Schlafen ist bequem, erholsam und fördert das Stillen und die Mutter-Kind-Bindung. Aber auch gerade ein Baby, was nicht gestillt wird, braucht seine Mutter hautnah.
Lesen Sie auch: http://www.stillkinder.de/filme.html#familienbett, http://das-kind-muss-ins-bett.de, www.ferbern.de
und die Bücher "Besucherritze: Ein ungewöhnliches Schlaf-Lern-Buch", sowie "Ich will bei euch schlafen!: Ruhige Nächte für Eltern und Kinder" und "Schlafen und Wachen - Ein Elternbuch für Kindernächte".
Wer seine Zwillinge nicht bei sich im Bett schlafen lassen möchte, für den gibt es auch ein Beistellbett für Zwillinge. Die Babys fühlen einander, sind aber auch nicht weit von der Mutter entfernt und es kann problemlos gestillt werden, ohne, dass die Mutter aufstehen muss.
Quelle:
auf der Basis von: http://www.helpster.de/saugverwirrung-beim-saeugling-was-tun_50897#anleitung
Gedanken der Neurologin Ingrid Olbricht
In unserer Gesellschaft erfolgt die tröstende Beruhigung, die durch das Saugen bewirkt wird, in der Regel durch den Gummisauger. Am Nuckel jedoch kann ein Kind keine Fähigkeiten entwickeln. Es handelt sich hier um einen frühen und folgenschweren Betrug des Kindes und zusätzlich um eine Abwertung der Bedeutung des Saugens und Stillens, das als rein technischer Vorgang aufgefasst wird. Nähe, Wärme und tröstende Geborgenheit können mit dem Gummisauger nicht mitgeliefert werden, auch nicht die Möglichkeit der Auseinandersetzung, was die Aggressionsfähigkeit üben könnte. Solche Möglichkeiten sind in der Gebrauchsanweisung des Nuckels nicht vorgesehen. Es wird eine sehr frühe Spaltung von Bedürfnisbefriedigung in den verbundenen Gefühlen ausgelöst, die im späteren Leben Folgen zeigt, da das eigentliche, Notwendige nicht oder nur sehr unzureichend erfahren, eine Bedürfnisbefriedigung aber vorgetäuscht wurde. Ähnliches gilt für die Flaschennahrung. Sogenannte wissenschaftliche Untersuchungen darüber, ob Brust- oder Flaschenkinder sich seelisch unterschiedlich entwickeln, gehen davon aus, dass das Nähren ein rein mechanischer Vorgang ist. Dabei ist infolge der massiven Verunsicherung und Abwertung des Stillens und durch den weitgehenden Verlust seiner Bedeutungshintergründe die „Versuchsmutter“ oft selbst nicht in der Lage, eine seelische Beziehung zu ihrem Kind aufzubauen, sie verhält sich bindungsunfähig. Damit kann sie auch nicht Beziehungs-, Bindungs- und Kommunikationsfähigkeit oder andere seelische Fähigkeiten vermitteln, sie kann eben nur den körperlichen Hunger stillen, mehr nicht. Die Mutter wird in solchen Untersuchungen zum Flaschenersatz und das Nähren zum technischen Vorgang, es geht nicht mehr um die innige Beziehung zwischen zwei Menschen. Die Ergebnisse solcher Studien sind nur dann verwertbar, wenn die stillenden Mütter nicht zu verunsichert und außerdem bindungsfähig geblieben sind und wenn sie, wenigstens unbewusst, noch etwas ahnen von ihren Fähigkeiten, ihrer Potenz, ihrer Macht.
*Quelle: Olbricht, Ingrid: „Brustansichten, Selbstverständnis, Gesundheit und Symbolik eines weiblichen Organs“, Orlanda Verlag 2002, S. 90 f.
Lesen Sie auch: http://www.stillkinder.de/schnuller_problem.html